Der heilige Gral steht für die Antwort auf alle Fragen
Bei mir gab es eine Entwicklung, die so mancher Trader kennen dürfte. Am Anfang war ich auf der Suche nach einer schnellen und einfachen Lösung. Ich wollte, daß mir jemand einfach sagt, was ich tun soll um im Forex-Trading erfolgreich zu sein. Und eigentlich will ich das immer noch. Ich will jemanden, der mir sagt, dass alles gut wird, ich keine Verluste mache und mein zukünftiges Handelsdasein geprägt wird von Reichtum und Sorglosigkeit. Ich glaube dieser Wunsch ist verständlich...
Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis
Ich habe gestern einhundertsechsundvierzigtausend Euro verloren und es ist mir egal. Denn das war Geld auf einem Demo-Konto. In der Praxis fange ich bei 5 Euro Verlust auf meinem echten Handelskonto bereits an zu überlegen, ob ich richtig liege oder bei diesem Handel einen Fehler gemacht habe. Eines meiner Lieblingssprichwort lautet:
"Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis immer größer als in der Theorie..."
Da ist eine Menge Wahrheit drin! Denn der Antrieb eines Menschen sind immer Emotionen. Du tust oder lässt etwas je nachdem wie Du Dich fühlst. Wenn Du morgens von Deinem Wecker aus dem Schlaf gerissen wirst ist die erste Stimme, die Du hörst, die innere Stimme die Dir sagt, Du sollst liegenbleiben. Nur heute, ausnahmsweise. Ja, Du wolltest eigentlich für Deine Zertifizierung lernen, aber gerade jetzt hast Du keine Lust, vielleicht ja morgen. Der Hund muss raus, aber es regnet, man kann ja auch später noch gehen. Das sind die Unterschiede, die in der Praxis ganz andere Ergebnisse bringen als in der Theorie! Und zumindest mir geht es beim Trading auch so. Ein Beispiel: Ich habe ein Handelssystem geschrieben, bei dem ich weiß, dass es an irgendeiner Stelle einen DrawDown von bis zu 59 Prozent erzeugen wird. Hätte ich dieses System in den letzten neun Jahren mit einem Grundinvest von 100000 Euro in 17 Währungspaaren gehandelt, hätte dieses System mir einen Profit von 380000 Euro beschert. Um das herauszufinden, habe ich meinen Rechner zwei Stunden laufen lassen. Das Endergebnis war sehr positiv, allerdings könnte ich dieses System im wahren Leben niemals handeln. Warum nicht?
Warum das beste System in der Praxis nicht funktionieren kann
Nein, ich habe nicht den Spread und Swap vergessen. Nein ich habe auch nicht den Fehler gemacht beim Backtesting ausschließlich die Öffnungspreise zu berücksichtigen. Jeder Tick wurde berechnet und geprüft. Das Problem ist viel trivialer. Es geht nämlich darum, dass in diesem Handelssystem an irgendeiner Stelle fast sechzigtausend Euro Verlust auftreten würden. Das sind drei Kleinwagen, zehn Luxusurlaube oder 83,33 Euro monatlich von der Geburt bis zum sechzigsten Geburtstag eines Menschen. Von dem Geld kann man siebenhundertundzwanzig mal meinen Tank voll machen, oder zweimal im Monat kostenlos essen gehen. Und genau DAS bricht auch dem besten System das Genick. In dem Moment, wo Du anfängst zu denken, was man mit dem Geld alles hätte machen können ist es vorbei. Sobald Du anfängst, Verluste zu fühlen ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Du anfängst Dein eigentlich perfektes System zu sabotieren.
Mein ganz persönlicher heiliger Gral im Trading
Damit mein System für mich funktioniert muß ich wissen, womit ich persönlich zurecht komme. Nicht viele Menschen sind diszipliniert genug um einen Drawdown von 60000 Euro durchzustehen ohne sich aus Verzweiflung die eigenen Fußnägel abzukauen. Ich bin es mit Sicherheit nicht und ich weiß das. Oft genug habe ich Profite zu früh mitgenommen oder bei zu großen Verlusten den unvermeidlichen StopLoss herausgezögert. Ich bin heute in der Lage mit einer Situation zurechtzukommen und morgen mit der gleichen Situation todunglücklich. Nichts kann mich dazu bringen so konsequent und diszipliniert zu handeln wie eine Maschine, denn ich werde von Gefühlen gesteuert, die ich im Nachhinein logisch nachbegründe. Soviel habe ich gelernt. Aber wenn ich das weiß, wie kann ich dann überhaupt profitabel handeln?
Mein Erfolgsrezept für ruhigen Schlaf und positive Erwartungshaltung
Was wäre denn eine Idealsituation? Zunächst war ich überzeugt die Idealsituation wäre viel öfter zu gewinnen als zu verlieren. Das kann ich mittlerweile aufgrund von mathematischen Gesetzen dauerhaft gewährleisten.
Doch beim Trading ist es wie beim russischenRoulette: Selbst wenn Du 1000 mal keine Kugel abbekommst, das eine Tausendstel wo es doch passiert ist äusserst unangenehm. Der eine Trade, der dazu auserkoren ist Dich in den Ruin zu treiben macht es so schwer, diszipliniert weiter zu handeln, auch wenn Dein Handelssystem gerade kräftig in den Keller geht. Technische Ausfälle können passieren, mathematische Fehler können sich einschleichen, es gibt Kurslücken und DSL-Probleme. Wie soll man solche Probleme bereits vorher vermeiden? Meine Antwort: Gar nicht!
Mein System ist nur so gut, wie meine Fähigkeit es nicht zu sabotieren!
Einer der wenigen weisen Trading-Gurus hat einmal einen Ratschlag gegeben, den ich für sehr nützlich halte: Gutes Trading sollte langweilig sein und jede Position sollte so klein sein, dass sie Dich emotional nicht beeinflusst. Stell Dir vor Du würdest ein Jahr lang jede Woche 17 Cents Profit oder Verlust machen. Würde das dazu führen, daß Du schlaflose Nächte mit der Frage verbringst, ob das nächste Woche 16 oder 18 Cent werden?
Wo liegt bei Dir die Akzeptanzgrenze?
Würdest Du ein System durchhandeln können, bei dem potenziell 380000 Euro Gewinn möglich sind, wenn gleichzeitig eine sehr realistische Chance auf einen Verlust von 60000 Euro besteht? Wie tief darf bei Dir ein finanzieller Rückschlag nach unten aussehen, bevor Du die Notbremse ziehst? Wann fängst Du an, Dein eigenes System aufgrund von positiven oder negativen Emotionen zu sabotieren? Und wie könnte ein System aussehen, welches zu Dir und Deinen persönlichen Eigenschaften so gut passt, dass Du mit dem langfristigen Betrieb zufrieden bist, ohne jeden zweiten Tag Dein eigenes System in Frage zu stellen?
Hier also meine Antwort auf die Frage: Was ist der Heilige Gral im Trading?
Jeder Mensch weiß, dass er irgendwann abtritt. Wir kennen die Berichte von Krankheiten und Kriegen. Wir wissen, dass ein Meteor die Erde treffen kann und dann die Menschheit genauso ausgelöscht wird, wie damals die Dinosaurier. Und obwohl wir das alles wissen, machen wir trotzdem das Beste aus unserem Leben. Sicherheit gibt es nicht, aber jeder Mensch findet seinen eigenen Weg mit dem Leben zurechtzukommen. Um mit dem Trading zurechtzukommen braucht man meiner Meinung nach ebenfalls einen eigenen Weg. Darum mag ich MQL. Es gibt mir die Möglichkeit mein System an meine emotionalen Anforderungen anzupassen, damit ich mich dabei gut fühle. Dem System ist das egal. Aber wenn Du Dich mit Deinem System nicht wohl fühlst, was glaubst Du wirst DU dann machen? Wieviel Prozent Deiner Verluste sind auf ausgelöste Stopps zurückzuführen? Warum laufen die Kurse immer wieder gegen Dich, sobald Du einen Trade eröffnest? Und wieso glaubst Du trotzdem bei jeder neuen Handelsentscheidung schlauer zu sein als beim letzten Verlust?
FAZIT
Um ein erfolgreiches automatisches Handelssystem zu erstellen, muß Dein System mehr können als profitabel zu handeln. Es muss in der Lage sein, DEINE Schwächen auszugleichen! Behaupte ich von mir, dieses Ziel bereits erreicht zu haben? Nein! Aber seitdem ich das begriffen habe, werde ich besser...